KAPITEL II
Die Technik

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von Benedikt Loroch und Tom Hufnagel

Technik im Kino

Die Vorgeschichte

In Darmstadt gab es wie auch in vielen anderen Städten Vorläufer des Kinos, Vorführungen mit der Laterna Magica etwa. Am Darmstädter Luisenplatz stand sogar ein sogenanntes Kaiserpanorama. Diese Stereoskopen ähnelten dem Kino auf vielfältige Weise. So saßen Zuschauer:innen bereits auf Stühlen und schauten auf eine Leinwand. Auch die abgebildeten Szenen entsprachen bereits den Darbietungen aus den frühen Kinos und hatten stets einen gewissen Sensationscharakter. Die Schaulustigen konnten im Kaiserpanorama Bilder zum aktuellen Weltgeschehen sehen oder aber von malerischen Landschaften. Wie bei den ersten Filmen war es vor allem das Außergewöhnliche, das die Menschen anzog und begeisterte.

Allgemein gilt die erste Filmvorführung der Brüder Lumière als Geburtsstunde des frühen Kinos. Die meisten Darstellungen zur Erfindung und Entwicklung des Kinos setzen daher genau dort an, und zwar am 28. Dezember 1895 im Grand Café in Paris. Jedoch arbeiteten zeitgleich auch andere Erfinder an Kinetoskopen, wie etwa die Brüder Max und Emil Skladanowsky, die bereits am 1. November 1895 eine Vorführung mit ihrem Bioskop in Berlin veranstalteten. 

Diese parallele Entwicklung war teilweise auf die Existenz verschiedener Präsentationsformen von bewegten Bildern im ausgehenden 19. Jahrhundert zurückzuführen. Sie prägten bereits sehr früh die Unterhaltungskultur der Zeit, was dem Kinematographen direkt nach seiner Erfindung einen Gründungsboom bescherte.

Analog-Projektoren

Denken wir an alte Kinos, so denken die meisten von uns vielleicht noch an alte Filmprojektoren, durch die Filmrollen laut rattern und die ein körniges Bild auf die Leinwand projizieren. Von der Entstehung der ersten Wanderkinos war der Analog-Film tatsächlich noch bis in die frühen Zweitausenderjahre Industriestandard.

Gerade in der Anfangszeit waren Filmrollen teuer und selten. Um 1900 lag die deutsche Filmlandschaft deutlich hinter dem internationalen Entwicklungsstand zurück. Daher tauschten Kinobetreiber Filmrollen untereinander, um trotz der hohen Preise ein vielfältiges Programm bieten zu können.

Ein Spielfilm setzte sich zumeist aus mehreren Filmrollen zusammen, die Vorführer vor der Vorstellung zusammengeklebten. Anschließend legten sie den Film auf einen rotierenden Teller, der ihn über Umlenkrollen zum Projektor führte. Lange Zeit verwendete man Zelluloidfilm, besser bekannt als Nitrofilm. 

Hier geht es zum Thema: Brandschutz!

Um eine möglichst hohe Auslastung zu garantieren, hatte im Darmstädter „Rex“ eine einmalige Konstruktion errichtet: Über eine Straße von Umlenkrollen im Treppenhaus konnte man denselben Film in zwei Kinosälen gleichzeitig abspielen! Nachdem der Film über den Projektor im ersten Saal gelaufen war, wurde er nicht sofort auf einen Teller geführt, sondern entlang der Umlenkrollen einen Stock tiefer zu einem zweiten Saal geführt, wo der Film mit geringer Zeitverzögerung ebenfalls zu sehen war.

Digital-Projektoren

Die womöglich größte technische Veränderung der Kinogeschichte ging mit der Etablierung von Digitalprojektoren einher. Anders als analoge benötigen digitale Projektoren keine physischen Filmrollen, stattdessen wird der Film digital auf einem Datenträger abgespeichert und abgespielt. Neben Vorteilen in der Bilddarstellung war es vor allem die Automatisierung, die den Kinobetreibern zugutekamen. Erste Digitalprojektoren kamen bereits in den Achtzigerjahren auf.

Bis die Technik marktfähig wurde und komplette Filme abspielen konnte, vergingen jedoch noch einige Jahre. Weltweit erfolgte der Durchbruch des „Digitalkinos“ Mitte der 2000er Jahre. Im Darmstädter Kino Rex erfolgte der Umstieg auf Digitaltechnik im Jahre 2011.

Die Filme werden dazu auf speziellen Festplatten gespeichert. Nur mit einem
speziellen „Key“, der auch nur für eine bestimmte Festplatte, einen bestimmten
Projektor in einem bestimmten Kinosaal gültig ist, kann der Film auch abgespielt werden. Auf diese Weise wird unterbunden, dass sich Filme illegal verbreiten. Um zu verhindern, dass Zuschauer:innen die Leinwand abfilmen, werden Wasserzeichen in den Film eingefügt.

Diese sind für das menschliche Auge nicht sichtbar, werden jedoch von den Kameras erfasst. Mit der Digitalisierung automatisierte sich auch die Aufführung. Ton, Beleuchtung und Steuerung der Vorhänge, alles konnte mit der Digitalisierung des Films gekoppelt werden. Filmvorführer im klassischen Sinne werden daher nicht mehr benötigt. Kinovorstellungen laufen heute also fast automatisch und autonom ab.

Audiotechnik

In den Anfängen des Kinos um 1900 waren Filme stumm. Sie hatten keine begleitende Tonspur. Stattdessen begleiteten Livemusiker oder ganze Orchester die Vorführungen. Diese musikalische Untermalung verlieh den Filmen eine einzigartige Atmosphäre und verstärkte die Emotionen auf der Leinwand.

In den zwanziger Jahren entwickelten sich die Audiotechnik zur Integration von Ton in Filme. Eine bedeutende Erfindung waren der Phonograph und später das Vitaphon. Letzteres nutzte das Nadeltonverfahren, das den Beginn der Synchronisation von Tonaufnahmen mit bewegten Bildern einläutete. In dieser Zeit entstanden auch die ersten Tonfilme, die eine Revolution im Kino auslösten. Die Art und Weise, wie Filme Geschichten erzählten, änderte sich grundlegend.

Diese Revolution setzte jedoch nicht plötzlich ein. Nur langsam löste der Tonfilm den Stummfilm ab, da auch der Umbau der Kinos mit größeren Investitionen verbunden war. Zeitweise profitierten sogar einige Laden- und Wanderkinos von der neuen Technik. Sie warben damit, weiterhin besondere Live-Erlebnisse zu bieten, bei denen sie Filme in kleinen Gemeinschaften mit Musikern und authentischen Soundeffekten zeigten, um die Spannung zu steigern.

Im Laufe der Jahrzehnte entwickelten sich die Tonsysteme im Kino kontinuierlich weiter, von Mono- zu Stereo- und Dolby-Surround-Sound. Heute bieten moderne Kinosysteme ein Klangerlebnis, das die Zuschauer über mehrere Kanäle ins Geschehen zieht und Filmproduzent:innen in die Lage versetzt, Geschichten auf noch authentischere Weise zu erzählen.

Insgesamt spiegelt die Entwicklung der Tonsysteme im Kino die Evolution des Films selbst wider, von den Anfängen der Stummfilme bis zu den Sounderlebnissen von heute. Dieser Fortschritt hat das Kino zu einem Ort gemacht, an dem Geschichten nicht nur gesehen, sondern auch gehört und gefühlt werden können.