Kino als Ort des Träumens, wo man dem Alltag entschwinden und gemeinsam in eine andere Welt eintauchen kann: Was für die Einen ein Freizeitvergnügen bedeutet, ist für Andere ein Beruf, der für viele mittlerweile zu einer Berufung geworden ist. Ohne Personen, die ihn pflegen, leben und beleben, wäre das Kino als Ort des gesellschaftlichen und kulturellen Austauschs nicht mehr denkbar. Sie geben dem Kino ein Gesicht.
Aber wie kamen die bewegten Bilder eigentlich nach Darmstadt? Wer war und ist am Kinobetrieb beteiligt? Und welche Persönlichkeiten prägten die städtische Kinoszene?
Auch wenn es hier um die Kinogeschichte Darmstadts geht, ist ein kurzer Abstecher zu den Wurzeln der bewegten Bilder vonnöten.
Die Franzosen Auguste und Louis Lumière, geboren 1862 und 1864 in Frankreich, gingen durch den Betrieb des ersten Kinematographen in die internationale Kinogeschichte ein.
Sie zeigten im Dezember 1895 in Paris ihre erste öffentliche Filmvorführung mit ihrem kurbelbetriebenen Cinématographen, einer Weiterentwicklung von Edisons Guckkasten. Mit ihrer Erfindung waren sie jedoch nicht allein. Bereits zuvor und im Laufe desselben Jahres hatten weitere eifrige Erfinder und Fototechniker wie die Berliner Brüder Max und Emil Skladanowsky ähnliche Apparaturen der Öffentlichkeit vorgestellt. Sie standen gemeinsam am Anfang einer Erfolgsgeschichte, die rasch an Dynamik gewann und sich auf der ganzen Welt verbreitete.
Ein in Darmstadt ansässiger Wanderkinobetreiber war Anton Rose. Im ersten Drittel des 20. Jahrhunderts hatte er einen Kinobetrieb aufgebaut und unterhielt diesen zusammen mit seiner Frau Lisetta mit gutem Erfolg.
Obgleich die Gründung ortsfester Kinos ab 1910 rasch voran ging, verschwanden andere Kinoformen wie das Wanderkino nicht unmittelbar. Die Familie Rose unterhielt ihr Kino bis 1937. Damit betrieben sie eines der letzten Wanderkinos im Darmstädter Raum.
Da die Familie zur Minderheit der Sinti und Roma gehörte, war sie im Nationalsozialismus früh Anfeindungen ausgesetzt. Anton Rose musste seinen Betrieb schließlich aufgrund des immer größer werdenden Drucks durch die Gaustelle bei der Reichsfilmkammer aufgeben.
Die Familie verzog nach dem Berufsverbot zunächst nach Frankenthal und floh von dort in andere Regionen. 1943 fasste die Gestapo einen Großteil der Familie in Schwerin. Anton Rose, seine Frau und die beiden Söhne werden nach Auschwitz-Birkenau deportiert, wo er 1944 in den Gaskammern stirbt. Die beiden Söhne Oskar und Vinzenz überlebten halfen dabei, die Bürgerrechtsbewegung deutscher Sinti und Roma auf den Weg zu bringen.
Geboren 1890 in Bayreuth kam Leuschner der Arbeit wegen nach Darmstadt, wo er sich niederließ und eine Familie gründete. Früh schloss er sich der deutschen Arbeiterbewegung an und vertrat deren Interessen ab 1924 im Hessischen Landtag.
Leuschner engagierte sich auch am Landestheater in Darmstadt für die „Volksbildung“ und wirkte an der Gründung eines Kinovereins mit. Das „Hessische Wanderkino“, gegründet 1924 als gemeinnütziger Darmstädter Verein, zielte darauf ab, „hervorragende Kulturfilme aus aller Welt auf möglichst billige Art und Weise […] der Öffentlichkeit vorzuzeigen“.
Der Verein verfolgte eine strenge, ideologisch geleitete Strategie. Er wollte eine „praktische Kinoreform betreiben“, indem er den „Schundfilm aus innerer Überzeugung“ ablehnte, aber sich mit „dieser theoretischen Ablehnung nicht begnügte, sondern das Schlechte durch das Gute bekämpfte“. Durch die Verbindungen zur Arbeiterbildungsbewegung wollte der Darmstädter Kinoverein so Gegengewicht zum frühen Unterhaltungsfilm etablieren. Das „Hessische Wanderkino“ betrieb er bis 1933.
Obwohl die Quellenlage dünn ist, sollte an dieser Stelle Ludwig Weber nicht fehlen. Das Darmstädter Tagblatt nennt ihn am 2. Juli 1907 als den ersten Besitzer eines festinstallierten Kinematographen in Darmstadt.
Am Vortag hatte Weber im ehemaligen Schreibwarengeschäft Lautz an der Ecke Rhein- und Grafenstraße ein kleines Kino eröffnet. Diesem folgten schon bald weitere Kinobetriebe. Webers hatte offenbar einen solchen Erfolg, dass er nur drei Jahre später das Residenz-Theater am Weißen Turm in Betrieb nahm. Das später als „Resi“ bekannte Lichtspielhaus beschrieb sich selbst als „vornehmstes Lichtspielhaus in Hessen“. (Darmstädter Tagblatt 02.07.1907 & Darmstädter Tagblatt 29.10.1910).